Potenzial zur Automatisierung erkennen
Julian Kowatsch
20. Januar 2021 | Zuletzt aktualisiert: 09. Februar 2022 | Automatisierung | 3 min
Digitalisierung ist seit Jahren ein wichtiges Thema für Unternehmen. Spätestens mit den Auswirkungen der Corona-Krise wurde das Thema im Berufsumfeld nochmals brisanter. Denn je mehr Prozesse und Tätigkeiten vor der Krise bereits digitalisiert wurden, desto unproblematischer konnte im Homeoffice weiter gearbeitet werden. Nicht nur aus diesem Grund wird immer wieder davon gesprochen, dass Digitalisierung wichtig ist.
“Kann Digitalisierung umgangen werden, indem der Prozess direkt automatisiert wird?”
Kurze Antwort: Nein, eine Prozessdigitalisierung lässt sich meistens nicht überspringen. Sie ist fast immer vorausgesetzt.
Digitalisierung und Automatisierung gehen fast immer Hand in Hand, da digitale Werkzeuge in den meisten Fällen erst die Prozessautomatisierung ermöglichen. Also lässt sich festhalten, dass Prozessautomatisierung eine Digitalisierung des Prozesses voraussetzt. Wo genau ist dann die Abgrenzung zwischen Digitalisierung und Automatisierung?
Aber: Nicht jeder digitale Prozess lässt sich automatisieren. Bevor man versucht Prozesse und Tätigkeiten zu automatisieren, sollte man zunächst feststellen, ob ein Automatisierungsvorhaben dafür überhaupt sinnvoll ist.
Wie erkennt man einen automatisierungsfähigen Prozess?
Hat der Prozess folgende Eigenschaften?
Anhand folgender Eigenschaften erkennt man, ob eine Tätigkeit Automatisierungspotenzial hat oder nicht.
Ist der Prozess strukturiert?
Wenn sich ein Prozess in Prozessschritte mit gleicher bzw. ähnlicher Reihenfolge einteilen lässt, ist er strukturiert.
Ist der Prozess repetitiv?
Nur wenn ein Prozess repetitiv ist, also wiederholt ausgeführt wird, lohnt sich eine Automatisierung dafür.
Ist der Prozess regelbasiert?
Wenn sich Ereignisse mittels bestimmter vordefinierter Regeln abhandeln lassen, funktioniert eine Automatisierung des Prozesses.
Erklärendes Beispiel
Prozess A: Kundenberatung
Ein Kunde ruft an und möchte Informationen zum Produkt XY und dessen möglicher Einsatzgebiete erhalten. Dabei hat er viele unterschiedliche Fragen zum Produkt XY, aber auch allgemeine Fragen zu weiteren Produkten und Dienstleistungen.
Prozess B: Bestellung erfassen
Ein Kunde schickt per E-Mail eine Bestellung als PDF. Diese gilt es nun in das ERP-System zu übertragen, damit die Bestellung bearbeitet werden kann.
Im Folgenden finden Sie eine Gegenüberstellung der zwei Beispiele:
Eigenschaft | A: Kundenberatung | B: Bestellung erfassen |
---|---|---|
Strukturiert? | nein | ja |
repetitiv? | ja | ja |
regelbasiert? | nein | ja |
Gibt es “typische” Prozesse?
Es gibt eine Reihe von typischen Prozessen, die sich automatisieren lassen. Wichtig ist, dass die drei Eigenschaften (strukturiert, repetitiv, regelbasiert) auch auf Ihren individuellen Prozess zutreffen. Nicht jede Tätigkeit beinhaltet bei jedem Unternehmen die gleichen Prozessschritte. Im Folgenden sind einige typische Prozesse aufgelistet, welche sich in der Regel automatisieren lassen.
Beispiele:
- Belegimport
- Belegversand
- Lohnbuchhaltung
- Datenpflege
- Antragsbearbeitung
- Formulareingaben
Welche Werkzeuge gibt es hierfür?
Wenn ein Prozess mit Automatisierungspotenzial gefunden wurde, kann dessen Automatisierungspotenzial mittels folgender Werkzeuge evaluiert werden.
- Process Designing
- Data Analytics
- Process Mining
Process Design
Hierbei hält man den IST-Prozess der Tätigkeit visuell, beispielsweise mittels BPMN, fest. Dadurch lässt sich vor allem herausfinden, ob es sich um eine strukturierte Tätigkeit handelt und ob Ereignisse nach bestimmten Regeln abgehandelt werden können.
Data Analysis
Hierbei nutzt man vorhandene Daten aus beispielsweise einer ERP-Datenbank, um aussagekräftige und hilfreiche Informationen zu einem Prozess. Folgende Informationen können mithilfe von Datenanalyse beispielsweise ermittelt werden.
Informationen aus Datenanalyse:
- Qualität
- Durchlaufzeiten
- Wartezeiten
- Kosten
- Ausschuss
und viele mehr.
Process Mining
Mithilfe von sogenanntem Process Mining lassen sich konkret Einsparungspotenziale erkennen und quantifizieren. Dabei erfasst man einen IST-Prozess und simuliert die Durchführung über einen gewissen Zeitraum mittels Software. Anschließend definiert man den SOLL-Prozess und führt nochmals eine Simulation durch. Wenn nun die Messgrößen der zwei Prozesse voneinander abzogen werden, ergibt sich ein Δ-Wert, der das Potenzial der Prozessanpassung widerspiegelt.
In folgendem Video wird das Thema Process Mining ausführlich erklärt: